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Bereitschaftspflege

Auf den Weg in die Pflegefamilie: Kindern ein Zuhause bieten

Anita & Rüdiger sind Pflegeeltern für Kinder in der Krise
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Wenn Kinder nicht bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen können, finden sie bei Familie Wolf in Butzbach ein Zuhause.

Es geht trubelig zu im Haus von Familie Wolf in Butzbach. Spielzeug liegt im Wohnzimmer verteilt, der vierjährige Pflegesohn klammert am Bein von Rüdiger Wolf und verlangt nach Aufmerksamkeit. Das Baby im Arm von Anita Wolf will gefüttert werden. Die neunjährige Pflegetochter Abigail, von der Familie „Abi“ genannt, schlägt auf dem Sofa einen Purzelbaum.

Die Kinder sind aufgeweckt, fühlen sich sichtlich wohl. „Abi hat eben Papa zu mir gesagt. Das lassen wir zu, ergänzen aber immer unsere Vornamen“, erzählt Rüdiger Wolf. Er und seine Frau sehen sich als die „sozialen Eltern“ – „Mama“ und „Papa“, das sind die leiblichen Eltern der Pflegekinder.

Körperliche Gewalt und drogenabhängige Eltern

Die Kinder verlangen Aufmerksamkeit
Aaron Kniese
Die Kinder verlangen Aufmerksamkeit

Bereits seit 25 Jahren arbeiten Rüdiger und Anita Wolf in der Bereitschafts-, teilweise auch in der Dauerpflege von Kindern, die das Jugendamt in Obhut genommen hat. „Wir leisten Krisenintervention“, sagt Rüdiger Wolf. Körperliche Gewalt, Misshandlungen, Missbrauch, Drogen- oder alkoholabhängige Eltern oder oftmals, wie Rüdiger Wolf sagt, „ein Mix aus all dem“.

Das sind die Gründe, weshalb das Jugendamt Kinder aus ihren Familien nimmt. Sie kommen entweder in ein Kinderheim, oder zu Bereitschaftspflegeeltern wie Familie Wolf, bis eine dauerhafte Lösung gefunden ist.

Über alle Altersklassen mit Spielzeug und Kleidung ausgestattet

Pflegetochter Abigail beim Spielen
Aaron Kniese
Pflegetochter Abigail beim Spielen

Wenn das Jugendamt oder der Pflegedienst anrufen, erfahren die Wolfs häufig nur den Vornamen und das Geschlecht des Kindes, das bei ihnen einziehen wird. „Wir sind über alle Altersklassen mit Spielzeug und Kleidung ausgestattet“, erzählen sie. Zuerst dauere es ein wenig, bis ein Kind sich bei der Familie eingewöhnt hat, gerade der erste Monat sei oft chaotisch.

 „Wenn die Kinder dann länger in der Familie sind, verhalten sie sich wie Geschwister. Sie haben sich lieb, sie vermissen sich und sie streiten auch mal“, erzählt Anita Wolf.

Rückkehr in die Herkunftsfamilie ist die erste Option

Wie lange ein Kind bei Familie Wolf bleibt, ist unterschiedlich. Mal sind es nur ein paar Wochen, der Durchschnitt liege bei ungefähr sechs Monaten. Manchmal bleibt ein Kind auch bis zu zwei Jahren, etwa wenn ein Gericht entscheiden muss, ob den Eltern das Sorgerecht entzogen wird.

Im Anschluss kommen die Kinder entweder in eine Dauerpflegefamilie, oder gehen, wenn die Situation es zulässt, zurück in ihre Herkunftsfamilie. Letzteres sei immer die erste Option. „Das gelingt bei ungefähr 40 Prozent der Kinder“, schätzt Rüdiger Wolf.

Für die Bereitschaftseltern, aber gerade auch für die Kinder sei es schwer, eine entstandene Bindung zwischen ihnen wieder aufzugeben. „Aber auch das gehört mit dazu“, sagt Rüdiger Wolf.

Kraft und Motivation durch den christlichen Glauben

Portrait von Anita und Rüdiger
Aaron Kniese

Anita und Rüdiger Wolf sind schon seit vielen Jahren in ihrer Kirchengemeinde engagiert, Anita Wolf hat mal einen Frauenkreis geleitet. Als eine Frau mit psychischen Problemen zu ihr kam und nicht wusste, was sie mit ihrer Tochter machen soll, hat das Ehepaar Wolf sie kurzerhand bei sich aufgenommen. „Wir sind da so reingerutscht“, erinnert sich Rüdiger Wolf. Insgesamt 59 Kinder haben die Wolfs in den letzten 25 Jahren bei sich aufgenommen.

„Ich liebe die Abwechslung und wenn Leben im Haus ist“, sagt Anita Wolf. Kraft und Motivation für ihr Engagement gibt beiden ihr christlicher Glaube. „Auch Jesus hat jeden bei sich  aufgenommen. Unser Haus steht deswegen für jeden offen, der kommen will“, sagt Anita Wolf. Beide beschreiben es als ihre Lebensberufung denen zu helfen, die sich selbst am wenigsten helfen können.

Kinder haben keine Lobby.

Anita Wolf

Ohne Hilfe würden manche Kinder nicht mehr leben

Mit dieser Krisenintervention können die Wolfs Kindern direkt helfen und sie aus schlimmen Situationen herausholen. „Wenn es die Bereitschaftspflege nicht gäbe, dann würden manche Kinder schlicht nicht mehr leben“, sagt Rüdiger Wolf. 

Mann schaut in ein Aquarium
Aaron Kniese
Für Rüdiger Wolf ist das Aquarium ein Ruhepol.

 „Es ist eine Entscheidung, die man sich vorher gut überlegen muss“, sagt Rüdiger Wolf weiter. „Mit Ruhe und Entspannung ist es zuhause dann erstmal vorbei.“ Im Esszimmer von Familie Wolf steht ein Salzwasseraquarium. „Diese kleine Welt für sich, ist für mich ein kleiner, ausgleichender Ruhepol im  Gegensatz zu unserem quirligen Familienleben“, sagt Rüdiger Wolf.  

Hilfe für Pflegeeltern

Wer sich entscheidet, Kinder bei sich aufzunehmen, erhält Unterstützung von dem Projekt PETRA (Partner für Erziehung, Therapie, Research und Analyse). Die Mitarbeitenden begleiten und unterstützen gemeinsam mit dem Jugendamt zum Beispiel die monatlichen Treffen der Wolfs und der Kinder mit den Herkunftsfamilien.

Seelische und körperliche Wunden heilen wieder

Es sei ein Geschenk zu sehen, wie die Kinder Fortschritte machen, wenn sie längere Zeit in der Familie leben. „Zu sehen, wie seelische und körperliche Wunden wieder heilen, wie Bindungsstörungen sich lindern, wie die Kinder wieder lachen und fröhlich sind, das bringt uns auch als Familie weiter“, sagt Rüdiger Wolf.

Um noch mehr Kindern helfen zu können, haben Anita und Rüdiger Wolf 2019 die „Puzzle Kids Butzbach“ gegründet. Die soziale Einrichtung begleitet und betreut Kinder aus schwierigen Lebenssituationen.

Auch die drei leiblichen Kinder der Wolfs, die inzwischen erwachsen sind, habe das gefördert und ihnen soziale Kompetenz gegeben. „Es sind Fundamente, die wir bauen und kleine Wunder, die wir erleben. Am schönsten ist es zu sehen, wie geschundene Kinderseelen wieder leuchten“, sagt Rüdiger Wolf.