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Gegen Lebensmittelverschwendung

Lebensmittel vor der Tonne retten

Sandra Hoffmann-Grötsch transportiert mehrere Kisten Lebensmittel.
Rolf Oeser
Sandra Hoffmann-Grötsch rettet seit rund vier Jahren regelmäßig Lebensmittel vor der Mülltonne.

Damit Lebensmittel nicht im Müll landen, gibt es überall Lebensmittelretter-Gruppen. Eine besonders große gibt es in Frankfurt. Ein Erfahrungsbericht.

Iss auf, sonst gibt es morgen schlechtes Wetter!“ Bist du auch mit dieser Redewendung groß geworden? Der Spruch ist natürlich Quatsch und wenn mal auf deinem Teller ein bisschen Essen übrig ist, dann kannst du es auch ohne schlechtes Gewissen in den Müll werfen.

Oder geht es dir da wie mir und dich kostet das ganz schön viel Überwindung? Ein Salatblatt hier, ein bisschen Reis da – kann doch nicht so schlimm sein, oder? Bei uns zuhause vielleicht nicht, aber im großen Stil ist das Lebensmittelverschwendung.

Im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung für eine gerechte Welt

Kiloweise holen die Lebensmittelretter:innen Kartoffeln, Gemüse und Brötchen vom Supermarkt ab. Eine von ihnen ist Sandra Hoffmann-Grötsch.

Food Waste im großen Stil: Millionen Tonnen Lebensmittel landen im Müll

In den vergangenen Jahren sind im Durschnitt zwischen 12 und 18 Millionen Tonnen Lebensmittel unnötig im Müll gelandet. Im Frankfurter Riederwald gibt es eine Gruppe von Lebensmittelrettern, die das ändern wollen.

Die Gruppe der Lebensmittelretter aus dem Riederwald im Netz

„Ich wünsche mir für meine Kinder, dass wir als Gesellschaft ihnen nicht nur ein Desaster hinterlassen“, sagt die zweifache Mutter. Ihre Tochter ist 10 Jahre alt, ihr Sohn 7 Jahre. Ihr Ziel ist es, „dass wir vielmehr heute schon alles tun, um die perverse Handhabung von Ressourcenverteilung, Gerechtigkeit, Ausbeutung, Zerstörung und Verschwendung zu verändern“.

Erfahrungen beim Lebensmittel retten

Dienstag ist ihr Abholtag als Lebensmittelretterin beim Supermarkt. Dahinter steckt einiger logistischer Aufwand, denn Sandra Hoffmann-Grötsch weiß nie, wie viele Kisten Obst, Gemüse und Milchprodukte im Kühlraum auf sie warten. Egal ob eine oder zwanzig – die Kisten müssen abgeholt und verteilt werden.

Die Idee für die Gruppe im Frankfurter Stadtteil Riederwald hatte Rosie Reul. Die Rentnerin hatte „immer den Gedanken des Teilens“, sagt sie. „Das hat ganz klein angefangen: Hinter dem Haus mit einem Kühlschrank und heute versorgen wir um die 50 bis 60 Leute pro Ausgabe.“ Dafür hat die 65-Jährige ein eingespieltes Team, das täglich in Supermärkten wie Tegut, Denns Biomarkt oder Edeka Scheck-in abgeschriebene Ware abholt.

Höre, wie es Rosi Reul geht, wenn die Lebensmittel verteilt worden sind.

Rosi Reul ist nicht nur Chefin der Lebensmittelretter:innen, sie ist auch gegenüber den Marktleitungen verantwortlich. Auch dafür, dass die Kisten immer abgeholt werden. Sie sagt: „Mein Geheimnis liegt in der Zuverlässigkeit.

Rosi Reul leitet die Riederwälder Initiative zum Lebensmittel-Retten.
Rolf Oeser
Rosi Reul leitet die Riederwälder Initiative zum Lebensmittel-Retten.

Lebensmittel retten – aus Überzeugung

Die Märkte haben augenscheinlich nicht viel davon, außer, dass auch sie ein Anliegen haben, die noch guten Lebensmittel nicht zu verschwenden. Aber auch für die private Lebensmittelretter-Gruppe gelten die gleichen Regeln für die Lebensmittel, wie für den Supermarkt. Manches muss gekühlt, einiges sogar eingefroren werden. Im Riederwald bekommt die Initiative Unterstützung durch die christlichen Gemeinden.

Die Lebensmittel, die Sandra Hoffmann-Grötsch in „ihren“ Märkten abholt, verteilt sie an meine von ihr selbst organisierte Gruppe. Freunde, Bekannte und Nachbarn aus dem Stadtteil erfahren von ihr via WhatsApp von den Lebensmitteln. Ihre Gruppe erweitert sich stetig.

Lebensmittelrettung nicht nur für arme Menschen

Die große Verteilung gemeinsam mit Rosi Reul ist jeden Dienstag von 10 Uhr bis 12 Uhr hinter der katholischen Kirche. Wenn Sandra Hoffmann-Grötsch ihre Waren nicht komplett privat verteilt bekommt, bringt sie die Reste dort hin. Dort kostet eine große Kiste mit gemischten Waren 1,50 Euro – für die Fahrtkosten. Bedürftigkeitsnachweise braucht niemand vorweisen.

Sandra Hoffmann-Grötsch hat hier auch schon oft Lebensmittel verteilt. Die Riederwälder Initiative ist mittlerweile weit über den Stadtteil hinaus bekannt. Schon Stunden vor der offiziellen Ausgabe kommen regelmäßige Kund:innen und sitzen mit mitgebrachtem Kaffee in weißen Plastikstühlen zusammen.

Eine von ihnen ist Heidi. Sie berichtet von ihrer Krebserkrankung und der Grundsicherung, die nicht zum Leben reicht. „Wenn ich das hier nicht hätte, dann würde ich nicht über die Runden kommen.“ Aber nicht alle sind darauf angewiesen. Jürgen komme beispielsweise gut mit seiner Rente zurecht. „Aber ich bin absolut gegen Verschwendung.“ Er wartet immer bis die anderen versorgt sind.

Eine grüne Kiste mit Bananen, Kartoffeln und Obst
epd-bild/Jens Schulze
Die Lebensmittelretter:innen holen Waren ab, die zwar nicht mehr verkauft werden dürfen, aber zu schade zum Wegwerfen wären.

„Alle in meinem Freundeskreis und Familie finden das ganz ganz wunderbar und viele bedauern, dass es etwas Vergleichbares in ihrem Umfeld nicht gibt“, sagt Sandra Hoffmann-Grötsch. „Nach einem Abhol- und Verteiltag habe ich das Gefühl, etlichen Menschen etwas Gutes getan zu haben, der Verschwendung entgegen gewirkt zu haben und mal wieder ein kleines logistischen Wunder zusammen mit anderen gemeinsam vollbracht zu haben.“

Im Alltag mit geretteten Lebensmitteln leben

Für ihre Kinder gehören gerettete Lebensmittel zuhause zum Alltag dazu. „Sie sind stolz darauf und erzählen auch anderen Kindern davon“, berichtet die Mutter. Die Kids würden kaum noch Fleisch essen, seien aus Überzeugung nur extrem selten bei Fastfoodketten und insgesamt sehr umweltbewusst.

Sandra Hoffmann-Grötsch sagt: „Ganz generell bemühe ich mich, mit meinen Kindern auch die Endlichkeit von Ressourcen zu thematisieren und eine gesunde ‚Demut‘ zu haben im alltäglichen Leben.“ Aber ihre Kinder „erziehen da eher mich als umgekehrt“. Ein Beispiel teilt sie mit uns: „Letztens hat meine Tochter den Wasserhahn zugedreht, den ich kurz ungenutzt im Bad laufen ließ und kommentierte dies mit ‚Und wieder ein Baum vertrocknet‘.“

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