Soziales

Die Nacht überleben: Obdachlose schlafen in Frankfurter Kirche

Zitat eines Obdachlosen: „Ich hätte nie gedacht,d ass ich mal in einer Kirche schlafen muss!“
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Sicherheit ist für obdachlos lebende Menschen selten. WESER5 schafft nachts einen Moment Sicherheit. Ein halbes Jahr lang.

Ein großer Saal, Männer unterhalten sich leise. Die meisten halten einen Pappbecher mit Tee in der Hand, leise klingt Stadionsound aus einem Handylautsprecher. Nicht lange, denn hier wollen Menschen schlafen

Raus aus der Kälte in die warme Kirche

Obdachloser in einer Liege - Daumen hoch
Esther Stosch

Wer den Kirchenraum betritt, scannt schnell über die Wände und die dort aufgereihten schwarzen Feldbetten. Viele gehen schnurstracks auf eine bestimmte Ecke zu. Manche haben mehrere Taschen Gepäck dabei, andere transportieren ihren gesamten Besitz nur in einem kleinen Rucksack. 

Ich hätte niemals gedacht, dass ich mal in einer Kirche schlafen muss“, sagt Valeri. Der gebürtige Bulgare reist der Arbeit hinterher. Seit drei Monaten lebt er in Frankfurt, aber bisher hat er keine Wohnung. Der 37-Jährige ist sehr dankbar für die Notübernachtung in der Weißfrauen Diakoniekirche.

Ihm gefällt das „Personal, das hier arbeitet. Das ist echt wunderbar“. Dazu zählen an dem Abend Phillip Benkert und Geania Lacatus. Sie werden von einem Security-Kollegen unterstützt. Dessen Frau hat heute ein Blech voller Kuchen für die wohnsitzlosen Übernachtungsgäste mitgegeben. 

Phillip ist an diesem Novemberabend bereits seit 21 Uhr in der Kirche. Er räumt auf, bereitet das heiße Wasser vor und sortiert die Sachen. „Heute haben wir endlich Zucker“, sagt er lächelnd. Für ihn zählen die kleinen Gesten: „Die Arbeit ist unmittelbar und unglaublich sinnstiftend.“ 

Seit dem 1. Oktober gibt es das Angebot der Diakonie Frankfurt-Offenbach. Die Kirche liegt mitten im Frankfurter Bahnhofsviertel und bietet 47 Männern bis Ende März ein Obdach

Obdachlosen Menschen helfen

Das Diakoniezentrum WESER 5 braucht immer Geld- und Kleiderspenden. Wenn du auch etwas geben möchtest, dann findest du auf der Website das Spendenkonto und alle Infos.
Konto: Evangelischer Regionalverband Frankfurt und Offenbach
IBAN: DE11520604100104000200
BIC: GENODEF1EK1
Verwendungszweck: WESER5 Diakoniezentrum

„Die meisten Leute, die hier schlafen, haben keinen Anspruch auf Sozialleistung“, erklärt Christiane Wirtz. Sie ist stellvertretende Leiterin des WESER5-Diakoniezentrums.

Die Übernachtungsplätze sind jede Nacht belegt. Es gibt eine Liste, auf die können sich die Männer für einen Schlafplatz eintragen. Auch in der Nacht darauf, und die darauf, für die folgenden Nächte bis Ende März. Wer abends bis 23 Uhr nicht da ist, verliert seinen Platz. 

Hilfe für obdachlose Menschen in Frankfurt

Aber niemand wird einfach wieder weggeschickt. „Wir haben eine Liste mit anderen Optionen“, erklärt Geania. Zum Beispiel: 

  • Bahnhofsmission
  • Eschenheimer Tor
  • Frauennotunterkünfte
  • Frankfurter Kältebus (069 / 43 14 14)
Geania mit ihrer Liste vor der Tür der Weißfrauen Diakoniekirche. Neben ihr lächelt sie ein junger Mann an. Er hat 2 Taschen dabei.
Esther Stosch

Sie kontrolliert ab 22.30 Uhr die „Besucherliste“ am Kircheneingang. Für jeden hat sie ein Lächeln, fragt manche „Wie geht es heute?“ und achtet darauf, dass die Hausordnung eingehalten wird. „Hier dürfen die Menschen ihre Handys nicht laut benutzen“, sagt sie. Die Rücksicht sei notwendig, damit „die Leute hier schlafen können“. 

Außerdem sind Flaschen oder Alkoholisches in der Kirche nicht erlaubt. „Gar kein Problem“, sagt ein Besucher und legt sein Dosenpfand aus der Tüte in eine durchsichtige Kiste. „Morgen früh kannst du dir die wiederholen“, sagt sie. „Jetzt ab ins Bett“, antwortet er. 

Obdachlos in Frankfurt

In Frankfurt leben laut dem Diakoniezentrum rund 400 bis 500 obdachlose Menschen. Der Frankfurter Kältebus spricht von etwa 250 bis 300. (Quelle: epd)

„Die Menschen sind bei der Kälte den ganzen Tag in Bewegung“, sagt Phillip. Das sei anstrengend und viele warten schon eine halbe Stunde vor der Kirche, bevor sie aufmacht. 

Zwischen 23 Uhr und halb zwölf machen die Mitarbeitenden das Licht in der Kirche aus. Dieser Ort soll vor allem eines möglich machen: Eine ruhige Nacht in Wärme und Sicherheit. Das ist für obdachlose Menschen besonders wichtig. 

Auch Thomas schläft in dieser Nacht in der Kirche.

Was für einen Schlafplatz draußen wichtig ist

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Er achtet bei einer Übernachtung draußen besonders auf folgende Punkte: 

  • Es muss trocken sein, beispielsweise „wenn es nachts um drei Uhr beginnt zu regnen“.
  • Es muss warm genug sein, sodass man „nicht zu sehr frieren muss“.
  • „Es wäre schön, wenn es sauber ist. Das ist nicht überall der Fall.“

Ein ganz wichtiger Aspekt: Es muss ein Ort sein, wo man nachts „nicht überfallen wird“

In der Weißfrauen Diakoniekirche endet die Nacht zwischen 7 Uhr und 7.30 Uhr. Dann wecken die Sozialhelfer*innen die Menschen. Ab 8.30 Uhr können die Obdachlosen, wenn sie wollen, nahtlos in den Tagestreff von WESER 5 wechseln und dort frühstücken.