Podcast „echt gefragt - der Deeptalk“

Sternenkindfotografin schenkt Eltern Erinnerungen

Sternenkindfotografin Tina mit Kamera und Erinnerungsstücken in einem Flur
Charlotte Mattes/Canva

Tina Trippens fotografiert Babys, die leider gestorben sind. Warum sie dieses emotionale Ehrenamt macht, erzählt sie im indeon-Deeptalk-Podcast „echt gefragt“.

Das ist der wahrscheinlich schrecklichste Moment für werdende Eltern. Sie freuen sich auf ihr Baby, aber es stirbt im Mutterleib, kurz nach der Geburt oder wird tot geboren.

Was bei der Trauer helfen kann, sind Fotos vom Baby. Dafür kommen Sternenkindfotografinnen und Sternenkindfotografen zu den Familien, um etwas sehr Wertvolles zu schenken: Erinnerungen an das Kind. 

Für Sternenkinder in Rhein-Main unterwegs

Tina Trippens fotografiert seit 2019 Sternenkinder. Mit viel Einfühlungsvermögen und Respekt fängt sie die wichtigen Momente ein.
Die Offenbacherin fotografiert bei der Stiftung Dein-Sternenkind. Sie ist eine von rund 750 ehrenamtlichen Fotografinnen und Fotografen im deutschsprachigen Raum.

Ich habe mit Tina Trippens in meinem Podcast „echt gefragt - der Deeptalk“ ausführlich über ihre Erfahrungen als Sternenkindfotografin gesprochen. 

Viel Aufregung vor dem ersten Einsatz als Sternenkindfotografin

Sternenkindfotografin Tina Trippens
Charlotte Mattes
Sternenkindfotografin Tina Trippens

Tina begrüßt bei ihren Einsätzen immer die Sternenkinder und spricht mit ihnen, hält sie im Arm. Sie habe es sich zur Aufgabe gemacht, den Eltern eine schöne Zeit mit ihrem Kind zu schenken, denn diese sei sehr begrenzt. So entstünden auch schöne und lustige Momente. Häufig würde Eltern dann eine typische Kleinigkeiten an ihrem Baby auffallen, zum Beispiel, dass der Zeh wie beim Papa sei oder die Nase wie die, der Mama. 

Durch das Fotoshooting bekommen Eltern die Gelegenheit ihrem Kind ganz nah zu sein, es vielleicht auch im Arm zu halten und gleichzeitig zu trauern.

Die bearbeiteten Fotos bekommt jede Familie immer in einem verschlossenen Umschlag von Tina zugeschickt. So ist gesichert, dass die Eltern den Zeitpunkt, wann sie sich die Fotos anschauen möchten, selbst bestimmen. 

Es sind nur Fotos eigentlich, aber für die Eltern bedeuten sie die Welt.

App-Oberfläche, die zeigt, das der Einsatz eines Sternenkind-Fotografen benötigt wird
Oliver Wendlandt
Alarm, der aufploppt, wenn ein Kind fotografiert werden soll.

Lange Zeit habe sie nicht als Erste reagiert, wenn die Alarm-App von Dein-Sternenkind für ihre Region einen Einsatz angezeigt habe. Sie hatte Angst, vor dem Ungewissen.

Doch als im Jahr 2019 niemand den Einsatz machen konnte, der fast vor ihrer Haustür war, da hat sie sich ihre Tasche geschnappt und ist ins Sana Klinikum gegangen.

Tinas größte Sorge war, keine guten Fotos machen zu können. Doch dann lag da der tote kleine Junge „ein wunderschönes Kind“. Die Krankenschwester in dem Krankenhaus habe sie „so toll“ unterstützt und ihr das Kind in Position gelegt. Damals hatte sie noch Angst und Hemmungen davor das tote Kind anzufassen.

Totgeburten in Deutschland

Laut dem Statistischen Bundesamt wurden im Jahr 2022 3.247 Babys in Deutschland tot geboren. Das sind allerdings Kinder, die entweder mindestens 500 Gramm  gewogen haben oder nach der 24. Schwangerschaftswoche auf die Welt gekommen sind.

„Ich war auf einmal so, so glücklich“, erinnert sich Tina. Sie war total überwältigt, weil ihr klar wurde „ich habe das wirklich geschafft und ich schaffe das wieder“. Obwohl sie selbst daran gezweifelt hatte. „Dieses Kind hat mich irgendwie gerufen und das war genau der richtige Moment und die richtige Situation“ ist sie sich sicher. Auch heute noch ist sie stolz auf die guten Fotos von damals und „dass ich ganz wichtige, wertvolle Erinnerungen für die Eltern geschaffen habe“. Bei diesem ersten Einsatz waren die Eltern allerdings nicht dabei. 

Tinas Kinder wissen, dass sie tote Babys fotografiert

Das Tattoo zeigt ein Kind, vor ihm ein Regenbogen
Charlotte Mattes
Tina Trippens hat sich das (mittlerweile alte) Logo der Stiftung Dein-Sternenkind tätowieren lassen.

Tina ist selbst Mutter von drei Kindern. Sie hatte weder eine Fehl- noch eine Totgeburt. Mit ihrem Ehrenamt geht sie offen um, ihre Kinder wissen, dass sie in Kliniken geht, um da tote Babys zu fotografieren. Sie möchte das Thema nicht tabuisieren, deshalb dürfen ihre Kinder auch dabei zuschauen, wenn sie die Fotos zu Hause bearbeitet.

Meinen Kindern versuche ich beizubringen, dass der Tod einfach dazu gehört. 

Das kannst du tun, wenn du Sternen-Eltern kennenlernst

Da das Thema Sternenkind häufig tabuisiert wird, empfiehlt Tina offen mit dem Thema umzugehen. Wenn ihr also Sternen-Eltern kennenlernt, wären ihre Tipps:

  • Gratuliert den Eltern zu ihrem Kind
  • Fragt nach einem Foto (wie ihr es bei einem lebenden Kind auch machen würdet)
  • Fragt nach, ob die Eltern über ihr Kind und ihre Erfahrungen, zum Beispiel, die Geburt, sprechen möchten, so lasst ihr Raum
  • Bleibt im Austausch, tabuisiert das Thema nicht

Was du lieber nicht zu Sternen-Eltern sagen solltest

Bei ihren ersten Einsätzen hat Tina etwas Wichtiges gelernt: „Ich habe damals ‚Mein Beileid‘ zu den Eltern gesagt.“ Aber ihr wurde direkt klar: Das war nicht angebracht. Deswegen, unser Tipp, vermeide Sätze wie: 

  • „Oh, wie schrecklich“
  • „Beim nächsten Mal klappt es bestimmt“
  • „Ihr könnt es doch wieder versuchen“
  • „Ihr seid doch noch jung“
  • „Seid lieber dankbar für die Kinder die ihr habt“
  • „Wenigstens wisst ihr, dass ihr schwanger werden könnt“
  • „Vielleicht war es ja besser so“

Für Sternenkind-Eltern

Die Fotografinnen und Fotografen von Dein-Sternenkind bieten ihre Fotos kostenlos an. Dir gefällt dieses Engagement? Dann unterstütze es und sprich darüber. Beispielsweise über Social-Media: 

Instagram

Facebook

Die Fotografen und Fotografinnen von Dein-Sternenkind fotografieren in der Regel Babys ab der 14. Schwangerschaftswoche. Laut dem Stiftungsleiter Oliver Wendlandt wurden seit Start im Jahr 2013, 23.000 Sternenkinder fotografiert. Im Jahr 2023 waren es über 4.300 Sternenkinder in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz.

Für das Jahr 2024, sind es, Stand Mai 2024, über 1.600 fotografierte Sternenkinder.  Ingesamt verwalte Oliver Wendlandt rund 1,5 Millionen Fotos.

Podcast „echt gefragt“

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Das sind, laut Oliver Wendlandt, die Voraussetzungen, um Sternenkinder fotografieren zu können:

  • Empathie
  • Mut für das Ehrenamt
  • Viel Erfahrung mit Fotografie 
  • Eigenes, gutes Equipment (lichtstarke Objektive, Möglichkeit für Nahaufnahmen)
  • Bewerbung mit Portfolio, das Fotografien von Menschen beinhaltet, Nahaufnahmen, auch bei schlechtem Licht sowie bearbeitete schwarz-weiß Fotos

    Tina gibt Mut und Hoffnung

    Das Gespräch mit Tina und vor allem die Vorbereitung darauf, waren sehr emotional für mich. Ich habe mir viele Fotos auf Dein-Sternenkind angeschaut und mir liefen häufig die Tränen. Die Eltern taten mir einfach so Leid und diese kleinen süßen Wesen hätten doch leben und ganz viel Liebe erfahren sollen. 

    Im Jahr 2020 hatte ich das erste Mal, im Rahmen eines Interviews, Kontakt mit einem Sternenkind-Fotografen. Schon damals waren die Reaktionen auf die Berichterstattung groß, aber ich habe auch gespürt, wie sehr Sternenkinder und Fehlgeburten tabusiert werden und wie schwierig es Menschen fällt, darüber zu reden. 

    Da spreche ich, leider, auch aus Erfahrung. Denn neben meinen zwei Töchtern, habe auch ich zwei „Sternchen“, die vor der 12. Schwangerschaftswoche gegangen sind.

    Im Podcast wollte ich über dieses Tabu sprechen, weil es viele Menschen betrifft. Ich wollte herausfinden, was eine Frau dazu motiviert immer und immer wieder diese wertvollen Fotos zu schenken und wie sie es schafft mit der starken Trauer der Eltern umzugehen.
    Ich freue mich, wenn ihr den Podcast hört und mir sagt, was euch alles beim Hören durch den Kopf ging.