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Wahl in Niedersachsen

In der Demokratie der Gewalt widersprechen

Detlef Schneider
Kommentar von Detlef Schneider

Die AfD profitiert von den Ängsten der Menschen vor einem kalten Winter. Dabei bietet die Partei keine Antworten - sondern hegt Gewaltphantasien.

Angesichts hoher Inflation, steigender Energiepreise und dem Krieg in der Ukraine sind viele Menschen verunsichert. Das hat auch die Landtagswahl in Niedersachsen am Sonntag gezeigt. 10,9 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben – oftmals aus Protest – die AfD gewählt. 4,7 Prozent mehr als noch bei der vergangenen Wahl.  

Die AfD betreibt ein Spiel mit der Angst

Die AfD profitiert von den Sorgen der Menschen. Und betreibt ein Spiel mit der Angst. Antworten auf die drängenden Fragen bietet die Partei keine. Ganz im Gegenteil. Die AfD hat in Niedersachen im Vorfeld der Wahl alles dafür getan, um sich selbst zu demontieren. Der Landesverband ist geprägt von internem Dauerstreit und Parteiaustritten, zudem steht er unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.

Der AfD-Landtagsabgeordnete Christopher Emden etwa war im Juli aus der Partei ausgetreten. Er machte öffentlich, was wohl nie an die Öffentlichkeit dringen sollte: Hätte er für die Landtagswahl erneut kandidieren wollen, hätte er sich einen Listenplatz kaufen müssen. Ein Betrag von 4.000 Euro sei im Gespräch gewesen. Und ihm sei Gewalt angedroht worden, würde er diese Erkenntnisse nach außen tragen. Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den stellvertretenden Landesvorsitzenden wegen des Verdachts der Untreue.

Zunehmende Radikalisierung in der AfD

Emden beschreibt weiter eine zunehmende Radikalisierung in der Partei. Journalisten vom ZDF berichtet er von einem Rundbrief des Kreisverbandes Nienburg-Schaumburg aus dem Frühjahr, der die AfD-Mitglieder über die richtige Bewaffnung im Fall von Unruhen informiert.

Je nach Kampfsituation, etwa bei Plünderungen, werden Armbrüste, Speere und Schwerter empfohlen. Ein Scharfschützengewehr sei wiederum geeignet, um Feinden aufzulauern. „Persönlich wäre eine Maschinenpistole meine Traumwaffe“, schreibt der Verfasser des Rundbriefs, der stellvertretende Kreisvorsitzende Michael Vogt. 

Es ist egal ob der Mord an Walter Lübcke, die rassistischen Anschläge von Hanau oder der Sturm aufs Kapitol Anfang 2021. All diese Beispiele zeigen: Aus Worten werden irgendwann Taten. Auch der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sollte das wissen, anstatt mit Blick auf ukrainische Geflüchtete von „Sozialtourismus“ zu sprechen. Merz hat damit einen Tabubruch begangen, indem er russische Kreml-Propaganda verbreitete und damit indirekt den Hinweis gab, dass die AfD-Haltung zu Flüchtlingen gar nicht so verkehrt sei.

Mit der Verbreitung von Kreml-Propaganda hat Friedrich Merz einen Tabubruch begangen

Wenn die Regierungsparteien nicht wollen, dass die AfD von der Krise profitiert, müssen sie den Menschen über den kalten Winter helfen und ihnen Sicherheit und Stabilität bieten. Und zwar schnell. Die Kirchen müssen ihre Türen öffnen, für die Menschen da sein und sich ihrer Sorgen und Nöten annehmen.

Aufrufen zur Gewalt muss widersprochen werden

Und für alle übrigen Menschen, die die AfD nicht wählen, heißt das: Aufrufen zur Gewalt und fragwürdigen Vereinfachungen  immer und immer wieder zu widersprechen – auch wenn es mühsam ist: Dem Onkel auf der Familienfeier, der Arbeitskollegin in der Whatsapp-Gruppe, dem Nachbarn, der bei Facebook AfD-Inhalte teilt.