Zu viele Süßigkeiten, zu wenig Sport und gestern der Freundin eine Notlüge aufgetischt. Es gibt unzählige Gründe, die bei uns ein schlechtes Gewissen auslösen können.
„Mit einem schlechten Gewissen gehen Gefühle wie Schuld und Scham einher, weil wir gegen unsere eigenen Wertevorstellungen verstoßen“, sagt die Psychotherapeutin Denise Ginzburg-Marku aus Offenbach. Ein Gewissen könne man sich vorstellen wie einen inneren Zollbeamten oder Wertekompass, der Einfluss darauf nimmt, welche Entscheidungen wir treffen.
„Ein Gewissen hat jeder Mensch“, sagt Ginzburg-Marku. Das gelte auch für einstige Kaiser und Könige sowie für Diktatoren oder Autokraten. Unterschiedlich sei hingegen der Wertekatalog dahinter. „Solche Werte sind immer subjektiv“, erklärt die Psychotherapeutin.
Die subjektiven Werte könnten etwa beinhalten, sich selbst als Alleinkämpfer zu empfinden, auf andere keine Rücksicht zu nehmen oder sie nicht zu respektieren. „Solche Wertevorstellungen gehen auf Kosten anderer und sind für ein gemeinschaftliches Zusammenleben schwierig.“
Oder es gehe gar darum, etwas Großes wie ein Weltreich zu schaffen, um hinterher in den Geschichtsbüchern zu stehen.
Für diese Menschen ist es wichtig, damit Selbstwertgefühl aufzubauen und zu stärken.
Zurückführen könne man das auf Störungen oder Schädigungen in der Kindheit und Erziehung. „Das sprechen wir zum Beispiel von narzisstischen oder antisozialen Persönlichkeitsstörungen, Traumata oder anderweitige Schädigungen.“
Außenstehende nähmen Menschen mit solchen Vorstellungen als gewissenlos wahr. Doch auch diese könnten dann ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn sie von ihren eigenen Wertevorstellungen abwichen, so Ginzburg-Marku.
Eigentlich stand für gestern Sport auf dem Plan, dann wurde daraus aber Netflix und Couch. „Ein schlechtes Gewissen verschwindet nicht, nur weil man sich lange genug schuldig fühlt. Stattdessen wird es nur noch schlimmer“, sagt die Psychologin.
Die Psychotherapeutin rät dazu, den Blick nach vorne zu richten und aktiv zu werden. „Wenn es mir wichtig ist Sport zu machen, dann kann ich das am nächsten Tag immer noch.“ Zu wissen, dass man etwas tun könne sei dabei besser, als sich für die Vergangenheit schlecht zu fühlen, die man ohnehin nicht mehr ändern könne.
Positiv könne man dem Gewissen abgewinnen, sagt die Psychologin, dass es im Menschen Hilfsbereitschaft wecke oder die Motivation gebe, sich einzusetzen, etwa für den Umweltschutz. „Wenn wir als Beispiel die Coronamaßnahmen nehmen, die sind für Menschen sehr lästig. Aber am Ende nützen sie dem Allgemeinwohl.“
Ohne unser Gewissen und wenn jeder nur an sich selbst denkt, dann hätten wir keine so nette Lebensumgebung mehr, ist Denise Ginzburg-Marku überzeugt.