Christin: Ich bin zwar noch vor der Wende geboren, habe die DDR aber nicht mehr bewusst erlebt. Ost und West waren für mich auch nie ein Thema. Der Partner meiner Mutter, der für mich der Vater ist, stammt aus West-Berlin. Insofern waren bei uns daheim Ost und West stets gleichermaßen präsent, seit ich fünf Jahre alt war.
Der Unterschied wurde mir erst bewusst, als ich zum Studium „in den Westen“, nach Darmstadt, gegangen bin. Da fragte mich der Vater eines Klassenkameraden: „Hast Du Dir das auch gut überlegt?“ Aber da gab es für mich nichts zu überlegen. Ich wollte einen Studienplatz, ob Ost oder West, war mir egal.
Auch für meinen (sozialen) Vater war und ist es kein Problem, in der ehemaligen DDR zu leben. Nur als ihm dort ein Alteingesessener bescheinigte, er habe sich gut angepasst, fand er das komisch. Dabei erzählt er gelegentlich scherzhaft, wie er und seine Kumpels früher von West-Berlin in den Osten gefahren sind, zum „Zonis-Gucken“.
Für mich ist die deutsche Einheit eine Selbstverständlichkeit, auch die Freiheit zu reisen, die meine Mutter übrigens nie vermisst hat. Ich kenne es nicht anders und mag mir auch keine Teilung vorstellen. Aber im Freiwilligen Sozialen Jahr im Altenheim haben mir die Leute von der Teilung erzählt, von getrennten Familien – das fand ich schrecklich.
Meine Mutter war ja selbst noch sehr jung, als die DDR aufhörte zu existieren. Meine Großeltern sprechen über ihr Leben dort nur sehr ungern. Vor allem meine Oma weicht Fragen nach der Vergangenheit, nach der Stasi oder allgemein der Politik aus. Das ist ein Tabu.
Christin H. ist 32 Jahre alt, kommt aus dem brandenburgischen Königs Wusterhausen und lebt in Darmstadt. Ihren vollständigen Namen und ihr Bild möchte sie nicht preisgeben.