Wenn der Vater sich nicht gegen Corona impfen lässt, weil er sich nicht als „Versuchskaninchen“ gelten möchte, oder die Oma, die behauptet: „Am 11. September 2001 ist gar kein Flugzeug ins World Trade Center geflogen!“
Wenn du das liest, wie geht es dir damit? Wahrscheinlich bist du anderer Meinung und machst dir Sorgen, was mit deinen Verwandten los ist. Wie kommt es, dass eigentlich unschlagbare Beweise nicht gelten? Dass Freunde und Verwandte eine Verschwörung mumaßen?
1. Verschwörungstheorien erkennen
2. Im Gespräch über Verschwörungsmythen respektvoll bleiben
3. Mit Medienkompetenz punkten
4. Checke die Hintergründe deines Gegenübers
5. Nimm die Sorgen deines Gegenübers ernst
6. Interveniere möglichst früh
7. Stelle die richtigen Fragen
Auch, wenn es schwer fällt: Versuche, dich mit deiner:deinem Gesprächspartner:in auf Augenhöhe zu unterhalten. Sei respektvoll und freundlich im Umgang, aber verlange selbiges auch von deinem Gegenüber. Das ist die Basis einer ernsthaften Kommunikation!
Dein Gegenüber soll bemerken, dass du ihm oder ihr „nichts Böses“ willst. Denn genau dieses Schwarz-Weiß-Malen von „Gut und Böse“ versuchst du ja aufzubrechen. Das geht nur, wenn ihr euch gleichrangig begegnet.
Das ist gar nicht so einfach: Viele Verschwörungstheoretiker:innen sehen sich selbst als besonders kritisch denkende Menschen. Sie denken, selbst den „wahren Durchblick“ zu haben und vertrauen nicht auf die sogenannten „Mainstream-Medien“. Aber du kannst den Spieß umdrehen!
„Verhafte“ dein Gegenüber ein Stück weit, indem du Belege für die getroffenen Behauptungen forderst. Wenn du von diesen „Medien“ noch nie gehört hast, dann ist das ein gutes Indiz für eine unseriöse Quelle.Deswegen solltest du deine eigene Medienkompetenz stärken, indem du in Erfahrung bringst, wie Fake-News zu erkennen sind.
Wenn du dein eigenes kritisches Denken verfeinert hast, wird es dir auch leichter fallen, Fake-News deines Gegenübers zu enttarnen.
Eine Frage kann besonders spannend sein: Warum glaubt er oder sie eigentlich an die Verschwörung? Meist ist es weniger eine psychische Veranlagung. Meist geht es um bestimmte Gefühle oder um eine einschneidende biographische Lebenserfahrung.
Traue dich also, auch von dir etwas preizugeben. Versuche so herauszufinden, warum dein Gegenüber so darauf beharrt, den Verschwörungsmythos aufrecht zu erhalten. Hat die Person zum Beispiel in der DDR negative Erfahrungen mit der Regierung gehabt und reagiert deshalb sensibler auf Corona-Kontaktbeschränkungen? Vielleicht ist ein persönliches Gespräch die bessere Varinate als eine harte Diskussion?
P. S.: Ganz besonders, wenn ihr euch nur textet, entstehen oft Missverständnisse!
Oft stehen hinter Verschwörungstheorien ernsthafte Sorgen. Vielleicht hat dein Gegenüber einfach Angst, bevormundet zu werden?
Besonders im Familienkreis ist es wichtig, Ängste und Sorgen anzusprechen. Hier gilt es, ein Stück weit das eigene Empathievermögen einzubringen und auf die Person einzugehen.
Aber Achtung: Bleibt bei einem Thema und wechselt nicht von einer auf die nächste Verschwörungserzählung. Wenn dir also die Sorgen bezüglich einer konkreten Verschwörung klar werden, versuche, erst einmal dieses Thema zu behandeln. Vielleicht könnt ihr so gemeinsam etwas erreichen?
Mit gezielten Fragen kannst du dein Gegenüber sehr in die Predouille bringen. Insbesondere die W-Fragen:
können dir dabei helfen, weg von der Ideologie in einen Bereich der Fakten zu kommen. Im besten Falle wird dein Gegenüber selbst bemerken, dass er oder sie nicht wirklich umfassend informiert ist.
Oft beginnen Verschwörungsideologien mit teils sehr persönlichen Betroffenheitsbekundungen. Nüchterne und sachliche Fakten können dagegen nicht anstinken. Aber du kannst damit kontern, indem du Geschichten aus deiner eigenen Gefühlswelt erzählst, die zum Thema passen.
Ein Beispiel: Auf die Aussage „Corona gibt es doch gar nicht, die Regierung will uns nur kontrollieren“ könntest du erzählen, was dich beim Thema betroffen macht. Etwa: „Meine Bekannte arbeitet im Krankenhaus auf der Intensivstation. Sie hat viele Menschen mit Corona sterben sehen. Das geht auch mir sehr nahe!“
Trotz jeglicher Mühe kann es sein, dass dein Gegenüber sich nicht überzeugen lässt. Gerade im Familienkreis kann einem das schon sehr Nahe gehen.
Verschwörungsideologien sind kein neues Phänomen, deshalb gibt es schon lange viele Beratungsstellen, so wie bei Pfarrer Oliver Koch im Zentrum Ökumene der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN).
Aber auch mit Freund:innen kannst du dich austauschen und Allianzen gründen, indem ihr einfach gemeinsam etwas gegen das beschämende Schweigen bei Verschwörungstheorien unternehmt 💪.
Oliver Koch ist der Frankfurter Referenten für Weltanschauungsfragen. Er sagte gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd), dass Verschwörungstheorien gerade sehr hoch im Kurs sind. Der Pfarrer aus dem Zentrum Ökumene bestätigt, dass immer mehr Menschen seine Hilfe suchen (täglich drei bis vier Beratungen).
Corona ist ein psychologischer Brandbeschleuniger!
Menschen, die Verschwörungstheoretiker:innen in ihrem direkten Umfeld haben, berichten von immer „dramatischeren“ Fällen. Jahrzehntelange Beziehungen seien am Zerbrechen, wenn ein Partner den ganzen Alltag durch die Brille einer Verschwörungsideologie sehe. „Menschen sind verzweifelt.“
Für das Zentrum gesellschaftliche Verantwortung der EKHN haben Oliver Koch und Matthias Blöser Tipps zusammengestellt, die dir im Umgang mit Verschwörungstheoretiker:innen helfen sollen (die ausfühliche Broschüre als PDF liest du hier).
Du hast dir alle Tipps durchgelesen und möchstest jetzt gegen Schwurbler:innen das Wort erheben? Dann berichte uns davon! Welche Tipps haben dich weiter gebracht, und wie waren die Reaktionen deines Gegenübers? Hast du selbst Erfahrungen gemacht und deshalb auch noch ein paar weitere Tipps?
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