What Would Jesus do? Mit Jesus durch den Alltag

Das klingt nach einer richtig guten und nur minimal potenziell blasphemischen Idee. Das sahen offenbar so viele Leser*innen genauso. Denn der Herder-Verlag hat nicht nur den Nachfolger „Jesus, Füße runter“ (in dem 2023 die WG mit Jonas, seiner Freundin Trixi, Martin Luther (!) und Jesus per Interrail auf Reisen war), sondern jetzt auch den dritten Teil in Auftrag gegeben.

„Diese Mischung aus Humor und Theologie hat sicherlich irgendwo einen Nerv getroffen“, erzählt mir Pastor und Autor Jonas im Interview. Und wir erfahren, was die Bibel nicht berichten kann: der Messias kann nicht nur gut mit Menschen, sondern auch mit Hunden.

Und so begleiten wir Jesus an viele Locations. Ich sage bewusst nur „Jesus“ ­– des Öfteren sind die anderen WG-Bewohner, inklusive Martin Luther(!), eher Stichwortgeber des Friedefürsten. „Die Szenen im Buch sind alle so passiert“, erzählt Jonas. „Nur, dass Jesus und Martin natürlich nicht wirklich dabei waren.“

Gedanken und interne Monologe kannst du nur vom Autor lesen. Aber es ist immer wieder witzig, wenn Jesus auf diese eingeht: Schon seit dem ersten Buch kann er Gedanken lesen…

Ob beim Tätowierer, im Escape-Room, beim Imbiss (Martin Luther: „Vegane Curry-Wurst kommt ganz sicher aus Teufels Küche!“), auf dem Kirchentag (Jesus: „Fuck! Ein Flötenkreis!“), auf der Wartburg oder einer Beerdigung: Jesus ist ein Teil des Alltags und kann, trotz aller Menschlichkeit, meistens helfen, Situationen zu verstehen - oder zumindest anders zu sehen.

Jesus spendet Trost

Manchmal auch, indem er in Schmerz und Trauer einfach da ist, ohne zu sprechen. Besonders emotional wird das, wenn es um die ­– alles so passiert! – zwei Fehlgeburten geht, die Jonas und Trixi erleben mussten.

Dann kommt der Autor zum Kern dessen, was die Anwesenheit Jesu für ihn ausmacht: „Gott ist nicht irgendwo in einer himmlischen Welt, sondern hier in meiner Welt. … Direkt an meiner Seite. In den Höhen und Tiefen“.

Und das Konzept „Jesus im hier und jetzt“ funktioniert eben. Wenn Jesus Jonas tröstet, der sich über die Ein-Sterne-Rezensionen der Jesus-Bücher bei Amazon aufregt: „Du weißt doch, die Frommsten und Tief-Gläubigsten hatten [damals] die größten Probleme mit mir! So darf Gott nicht sein, dieser Jesus ist doch viel zu menschlich.“

Wenn er sich (schwammig) zu Waffenlieferungen in die Ukraine äußert („Ich bin immer und vollumfänglich für Frieden“) oder offenlegt, welche Probleme seine Nachfolger*innen theoretisch mit „FCK AFD“-Aufklebern haben sollten. Oder wenn plötzlich, fast aus dem Nichts, eine sehr wichtige Frau aus dem Leben Jesu auf der Matte steht. Das ist unterhaltsame Lektüre auf dem schmalen Grat zwischen seicht und tief.

So viele neue Zitate von Jesus gab's das letzte Mal gebündelt bei Drucklegung des Neuen Testaments. Klar, dass diese „Lehren“ Jonas' Theologie widerspiegeln. „Das ist mein Jesus und meine Theologie. Geht auch nicht anders: man kann nur von seinem Jesus erzählen. Es lesen ja auch weltweit Menschen die Bibel und kommen zu komplett unterschiedlichen Meinungen“, sagt Jonas im Interview.

Spätestens im Nachwort des Buches wird aber klar, dass das Buch „ein sehr niedrigschwelliger Versuch ist“, Freude an Jesus oder auch am Bibellesen zu wecken: „Ja, das ist Schmalspur-Theologie. Und es ist okay, wenn es an einigen Stellen überspitzt oder überzeichnet ist“, sagt der Pastor.

„What would Jesus do?“, frage ich mich, gerade nach der Lektüre von „Jesus, der Hund muss raus“, auch öfter. Und entdecke ein bisschen einen Jesus wieder, der mir seit meiner Jugend vielleicht nach und nach ein bisschen verloren gegangen ist: Der Jesus an meiner Seite, der Mensch Jesus. Der wenig bis gar nichts mit diesem oft blassen, schmalbrüstigen Typ zu tun hat, der in zahllosen Kirchen in Holz- oder Gemäldeform rumhängt.

Dieser Jesus ist alltagstauglich. Für mich UND für die Alten Herren des VfL Lohbrügge, bei denen sich Jesus „schon in die zweite Mannschaft vorgearbeitet“ hat (Martin Luther hat mit Rugby angefangen). Zitat Jesus: „Ihr trefft eure eigenen Entscheidungen. Aber ihr könnt euch sicher sein: Ich sitze sozusagen immer mit auf der Rückbank und ich biege mit euch ab.“

Hauptkritikpunkt nach rund 170 Seiten: Zu kurz. Aber auf einen vierten Teil hoffen. Wobei Jonas momentan weniger Zeit zum Schreiben hat: Seit einigen Monaten sind er und Trixi Eltern.