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Flutkatastrophe in Deutschland

Wer den Helfer:innen bei der Flutkatastrophe zur Seite steht

Helfer:innen in Odendorf nach der Flut
epd-Bild/Meike Boeschemeyer
Die Bewohner von Odendorf im Rhein-Sieg-Kreis und freiwillige Helferi:nnen im Juli 2021 beim Beseitigen von Schutt und Trümmern nach der Flutkatastrophe.

Starkregen und Flut haben die Menschen in Deutschland erschüttert. Viele Menschen helfen nun vor Ort. Wer aber hilft den Helfer:innen, die in die Flutgebiete reisen und für die traumatisierten Menschen da sind?

Es klingt wie eine Szene aus einem Film: Ein junges Mädchen sieht ihre Schwester ertrinken, mitgerissen von einer der Flutwellen, die Deutschland im Sommer 2021 erschüttern. „Aber ich habe ja noch meine Puppe, also ist alles gut“, sagt sie.

Ein Notfallseelsorger aus der rheinischen Landeskirche musste diese reale Szene mitansehen. Er kann sie nicht einfach wieder vergessen.

Helfer:innen helfen: Seelsorge-Angebote

Ulrike Braun-Steinebach
Peter Bongard
Notfallseelsorgerin Ulrike Braun-Steinebach im Einsatz

Pfarrerin Ulrike Braun-Steinebach ist Leiterin der Notfallseelsorge im Rhein-Lahn- und dem Westerwaldkreis. Sie betreut andere Seelsorger:innen, die gerade in den Flutgebieten im Einsatz sind. So auch den Seelsorger aus der rheinischen Landeskirche, der ihr von dem kleinen Mädchen erzählt hat.

Auch die Seele von Rettungskräften, die mit solchen Situationen konfrontiert werden, seien derzeit überfordert, sagt sie: „Irgendwann macht die Psyche dicht, um das Erlebte ertragen zu können.“

Es braucht eine richtige Rettungskette

Normalerweise sind die Notfallseelsorger:innen der evangelischen Kirchen bei jeder Katastrophe und Ausnahmesituation immer zur Stelle. Die Einsätze werden sowohl durch kirchliche und kommunale Zuschüsse als auch durch Spenden finanziert. Es geht darum, den Menschen professionellen psychischen Beistand zu leisten.

Wenn du als Helfer:in in Krisenregionen unterwegs bist, kannst du dich immer an sie wenden! 

Traumatisierte Rettungskräfte nach ihren Einsätzen

Notfallseelsorge der evangelischen Kirche

Die Notfallseelsorger:innen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) sind 24 Stunden 7 Tage die Woche im Einsatz, um bei Katastrophen schnell und nachhaltig Beistand leisten zu können. Sie arbeiten damit auch eng mit Rettungsdiensten, Feuerwehren und der Polizei zusammen. Das Seelsorgeangebot gibt es in  der EKHN seit 1993.

Wenn du mehr über die Notfallseelsorge wissen willst, selbst Hilfe brauchst oder sogar selbst als Seelsorger:in arbeiten möchtest, erfährst du hier mehr.

Aber das ist nur ein Teil der Rettungskette. Die teilweise grausamen Bilder aus dem Krisengebiet, aber auch die Angst ums eigene Überleben oder um das Schicksal von Kamerad:innen, traumatisiere auch Seelsorger:innen und Rettungskräfte, sagt Braun-Steinebach.

Umso wichtiger seien dann auch professionelle Nachsorgegespräche für die Einsatzkräfte: „Irgendwann ist die Psyche auch wieder stark genug, das Erlebte zu verarbeiten.“ Aber dafür brauche es professionellen Beistand und der erste Hilfe für die Seele.

Von Durchschlafstörungen bis Magen-Darm-Beschwerden

Beistand leistet auch Magdalena Rodowsky, Leiterin der psychiatrischen Tagesklinik in der Fachklinik in Katzenelnbogen. „Jeder geht anders mit belastenden Ereignissen um, ohne dass das gleich zu einer Traumatisierung führen muss“, berichtet sie.

Durchschlafstörungen, eine höhere Schreckhaftigkeit, Grübeln und innere Nervosität nennt die Psychotherapeutin als Beispiele. Auch Magen-Darm-Beschwerden könnten auftreten. „Bis zu einem gewissen Grad ist das vollkommen normal“, erklärt Rodowsky.

Die Flutkatastrophe sei dabei eine ganz neue Herausforderung für die Rettungskräfte und Seelsorger:innen. Je nachdem, wie gut die Bewältigungsmechanismen und die Resilienz ausgeprägt ist, kann sie nachhaltige negative Auswirkungen haben.

„Katastrophe wird manche noch viele Jahre beschäftigen“

„Ich gehe davon aus, dass uns diese Katastrophe noch viele Monate, manche noch Jahre beschäftigen wird“, sagt Notfallseelsorgerin Ulrike Braun-Steinebach. Obwohl sie schon seit mehr als 20 Jahren als Seelsorgerin im Einsatz ist, sei auch für sie die Flutkatastrophe etwas Neues und kaum in Worte zu fassen: „Viele Kräfte können solch einen Einsatz wuppen, aber was diese Bilder, denen sie ausgesetzt sind, im Innern auslösen, kommt erst mit der Zeit zum Vorschein.